Fux Sophie Lunor

Die Familie kann man sich nicht aussuchen. So manche Familie bringt bereits das gemeinsame Leben unter einem Dach an den Rand der Verzweiflung. In einem Familienunternehmen hingegen wird zusätzlich auch noch der Arbeitsalltag geteilt. Hand aufs Herz: Könnten Sie sich vorstellen ihre Mutter als Vorgesetzte zu haben? Den kleinen Bruder als Kollegen? In einem Familienunternehmen, wie bei Familie Fux, ganz normal.

Sophie Fux ist eine solche Familie hineingeboren. Ihr älterer Bruder Michael Fux leitet die Lunor AG, eine Brillenmanufaktur, die von Vater Ulrich Fux übernommen und weiter aufgebaut wurde. Sophie Fux selbst ist ebenfalls in der Lunor AG tätig.  Der zweite Teil aus der Reihe „Töchter im Familienunternehmen“.

Die Lunor AG ist international auf dem Brillenmarkt tätig. Wie hast du den Aufbau eines so großen Unternehmens miterlebt und -gestaltet?

Schwierig zu sagen. Ich bin erst eingestiegen als das Unternehmen soweit schon aufgebaut war. Die Anfänge sind für mich nicht so greifbar. Gegründet wurde Lunor 1991. Die Familie Fux, also genauer mein Vater und mein Bruder, hat Lunor 2005 übernommen. Den Großteil hat anfangs mein Bruder Michael gestemmt: er hat die Mitarbeiter geführt und alle Entscheidungen getroffen.

Als ich einstieg war es 2012. Zu diesem Zeitpunkt machte das Unternehmen einen Sprung von vier Mitarbeitern zu 15. Mittlerweile sind wir bei 30. Damals war die Herausforderung Strukturen ins Unternehmen reinzubringen. Das war dann mein Part: Teams bilden, Verantwortungen aufteilen. Ein großer Teil meiner Arbeit bestand auch darin, alle Vorgänge im Unternehmen zu beleuchten und zu überlegen, wie es einfacher geht. Wenn ich zurückschaue, dann ist es unglaublich, wie viel effizienter, schneller und genauer wir heute arbeiten.

Bist du in die klassische Unternehmerfamilie hineingeboren?

Meine Eltern sind beide Optiker. Dazu kommt, dass mein Papa begeisterter Unternehmensgründer ist. Er ist unglaublich gut darin, sich etwas Neues zu überlegen. Er hat viel Freude dran etwas Neues zu starten und braucht dann aber auch relativ schnell wieder das nächste Projekt. Ich bin eher jemand, der mit etwas Vorhandenem arbeitet, es weiterentwickeln kann. Das ist mein Ding.

Sophie Fux: „Für uns war alles wie ein großes Spiel“

Inwiefern sind deine Kindheitserinnerungen von der Unternehmertätigkeit deiner Eltern geprägt?

Meine Eltern sind schon immer selbstständig. Und ich weiß auch noch aus unserer Kindheit, dass wir wirklich mit Brillen aufgewachsen sind. Unser ganzes Haus und der ganze Keller waren voller Brillen. Wir haben als Kinder schon Muster für Optiker zusammengestellt. Das war für uns wie ein großes Spiel, bei dem wir verschiedene Etuis zusammen ordnen und verpacken durften. Wir sind also ganz eng mit dem Thema Brille aufgewachsen. Dadurch, dass die Eltern eben immer selbstständig waren, haben wir das auch relativ früh übernommen. Wir waren sehr früh sehr selbstständig, sind zum Beispiel selbstständig zur Schule gegangen.

Deine Eltern waren also immer viel eingespannt. Hat dich das mit deinen Geschwistern zusammengeschweißt?

Ich weiß nicht, ob das der Grund dafür ist, dass wir so eine gute Bindung unter uns Geschwistern haben. Wir sind altersmäßig sehr dicht beisammen, vor allem mein großer Bruder Michael und meine jüngere Schwester Lisa. Die Jüngste, Alex, war da manchmal ein bisschen außen vor. Als wir klein waren, haben wir schon immer sehr viel gemeinsam unternommen. Klar hatte jeder mal eine Phase, in der andere Freunde wichtiger waren, aber mittlerweile hat sich das wieder zurück zu den Geschwistern verlagert.

Wie sieht die Zusammenarbeit unter euch Geschwistern heute aus?

Das werde ich ganz oft gefragt! Ich glaube viele stellen es sich besonders schwierig vor, mit der Familie zusammenzuarbeiten. Genau genommen arbeite ich nur mit meinem Bruder, da meine anderen beiden Geschwister nicht im selben Unternehmen arbeiten. Ich weiß nicht, ob das mit jedem Familienmitglied gleich wäre, aber mit Michael und mir funktioniert das überraschenderweise gut.

„Unser Vater ist für uns eine Art Berater“

Woran liegt das?

Ich glaube das liegt daran, dass wir auf der einen Seite sehr unterschiedlich in unseren Charakteren sind und trotzdem die gleiche Vorstellung und Vision haben. Wir gehen in die gleiche Richtung. Unterschiedlich sind wir insofern, dass Michael unglaublich ruhig ist. Das fasziniert mich immer wieder: Michael lässt sich durch nichts, aber auch gar nichts, aus der Ruhe bringen. Ich bin überhaupt nicht so. Ich lerne zwar mittlerweile die Dinge gelassener zu nehmen, aber ich versuche immer etwas zu bewegen und rege mich dann schon schneller mal auf. Michael ist dagegen der Ruhepol. Ich denke dadurch funktioniert das ganz gut. Wir ergänzen uns auch in dem, was wir tun. Jeder hat seinen eigenen Aufgabenbereich und jeder vertraut dem anderen.

Inwiefern sind eure Eltern noch im Unternehmen involviert?

Meine Mutter ist fast gar nicht mehr involviert. Außer es gibt mal super viel Arbeit, da kann sie uns durch ihre Kenntnisse im Optikerbereich unterstützen. Mein Vater ist zwar noch im strategischen Bereich, aber überhaupt nicht mehr im täglichen Geschäft involviert. Für uns ist er eine Art Berater. Vor allem bei großen Entscheidungen besprechen wir gemeinsam mit ihm, was er denkt. Am Ende wird die Entscheidung aber von Michael und mir getroffen.

Ihr seid die zweite Generation – welche Gedanken macht ihr euch um eure eigene Familiengründung?

Ehrlich gesagt noch gar keine. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass mich schon als kleines Kind andere Leute außerhalb der Familie immer gefragt haben, ob ich die Firmen meiner Eltern mal übernehmen möchte. Aber meine Eltern haben das nie von mir erwartet. Das war wichtig für mich. Ich hatte nie das Gefühl, dass irgendetwas von mir erwartet wird. Ich denke mal, dass mein Bruder und ich das genauso mit eigenen Kindern machen würden. Aber einen konkreten Plan gibt es da noch nicht.

Sophie Fux: „Es ist wichtig, auch über unangenehme Dinge sprechen zu können“

Wie funktioniert das als Familie, wenn jeder unterschiedlich an einem Unternehmen beteiligt ist?

Das ist eine ganz arg schwierige Frage, finde ich. Bei uns ist es so, dass Lunor ganz klar meinem Bruder und meinem Vater gehört. Das schafft schon einfach mal Klarheit und hat nie Raum für Diskussionen gelassen.

Fux Sophie Ulrich Michael Lunor Familienunternehmen

Ulrich, Michael und Sophie Fux

Heißt das, dass es auch kein Konkurrenzdenken untereinander gibt?

Bei jedem kann natürlich mal das Gefühl aufkommen, benachteiligt zu werden. Aber bei mir ist es so: wenn mir da etwas auf dem Herzen liegt, dann spreche ich es einfach aus. Und dann ist das auch erledigt. Das funktioniert sehr gut. Die Wertschätzung meines Bruders ist unglaublich hoch für die Arbeit, die ich mache. Von daher klappt das insgesamt sehr gut. Es ist einfach wichtig auch über unangenehme oder kritische Dinge sprechen zu können.

Wie ist das Verhältnis von Unternehmen und Familie – verwischen da nicht auch die Grenzen?

Was schwierig werden kann, ist, wenn innerhalb des Unternehmens nicht durch Können und persönliche Talente die Aufgaben verteilt werden. Sondern wenn jemand nur einen Job macht, weil man eben ein Familienmitglied ist. Das ist bei uns zum Glück nicht so und wir können die Bereiche abdecken, die auch tatsächlich unseren Interessen und Stärken entsprechen.

Gab es mal Momente, in denen du etwas ganz anderes machen wolltest? 

Ja, tatsächlich. Und das nicht nur einmal. Die Jobs, die ich vorher gemacht habe, waren bei weitem nicht so herausfordernd. Allerdings führte das irgendwann dazu, dass es einfach nicht mehr so interessant für mich war. Ich hatte noch nie so einen anspruchsvollen Job wie hier. Die Verantwortung, die man trägt und die Entscheidungen, die man trifft, sind so weitreichend. Man hat 30 Mitarbeiter, die ganzen Kunden, Großhändler und so weiter. Es ist eine riesige Verantwortung für viele Menschen.

„Michael hilft mir in herausfordernden Situationen“

Nicht alles funktioniert immer so, wie man sich das vorstellt. Das heißt, ich mache mir einen Plan und häufig ist der so gar nicht realisierbar. Da komme ich an den Punkt wo ich denke: ist es das wert? Oder will ich nicht lieber ein Jahr irgendetwas anderes machen? Das Gute ist, dass ich sowas tatsächlich auch mal machen kann. Ich war diesen Sommer erst acht Wochen lang weg, weil ich mal was anderes für mich brauchte. Nach der Auszeit habe ich dann auch wieder neue Energie. Das hilft mir unglaublich. Und Michael hilft mir auch sehr in herausfordernden Situationen.

Wenn du etwas anderes machen könntest, was wäre das?

Ich denke ich würde etwas ähnliches machen. Was ich über die Jahre festgestellt habe, aber vorher nicht wusste, ist, dass ich unglaublich gerne mit Menschen zusammenarbeite. Außerdem überlege ich mir gerne, wie man Dinge verändern kann, damit es noch besser funktioniert. Wenn ich also etwas anderes machen würde, dann wären mir diese beiden Sachen wichtig.

Gab es Momente mit Mitarbeiter oder Kunden, die dich geprägt haben?

Eigentlich viele. Unglaublich schön finde ich es, wenn ich eine Entwicklung von Mitarbeitern sehe. Wir haben ja auch Mitarbeiter hier, die schon sehr lange im Unternehmen sind, da sind solche Entwicklungen wirklich toll mit anzusehen. Auch ich persönlich habe mich dadurch weiterentwickelt.

„Eines der schönsten Dinge an meiner Arbeit: die Brillen“

Hast du das Gefühl, dass du mit dem Produkt, den Lunor Brillen, etwas bewegen oder bewirken kannst?

Das ist eines der schönsten Dinge an meiner Arbeit: die Brillen. Ich weiß nicht, ob ich etwas damit bewirken kann, aber ich mag es mit so einem Produkt zu arbeiten. Sich darauf zu konzentrieren, das Produkt immer besser zu machen, noch höhere Qualität zu liefern. Und zwar nicht nur auf das Produkt bezogen, sondern auch der ganze Service drum herum, das ganze Unternehmen. Das gefällt mir sehr gut. Ich persönlich mag es einfach auch, etwas Greifbares herzustellen. Und dann auch noch so hochwertig! Was mir auch gefällt, ist, dass das Produkt nachhaltig ist. Wir achten in der Herstellung sehr darauf und das liefert einen wichtigen Beitrag.

Was würden deine Mitarbeiter über dich sagen?

Das finde ich total schwierig einzuschätzen. Auf jeden Fall, dass die Mitarbeiter, die schon lange mit mir zusammenarbeiten sagen, dass ich mich sehr verändert habe über die Zeit. Ich habe alles schon mitgemacht, alle Höhen und Tiefen. Ich glaube auch, dass die Mitarbeiter schon denken, dass ich strikt sein kann. Ich bin sehr darauf aus, wenn ich eine Regel aufstelle, dass es keine Ausnahmen gibt. Ich hoffe, dass die Mitarbeiter aber auch wissen, dass sie jederzeit zu mir kommen und mit mir über alles reden können.

Fühlst du dich im Schwarzwald beheimatet?

Die Familie Fux hat ihre Wurzeln im Schwarzwald. Ich bin zwar hier aufgewachsen, aber ich bin ein Stadtmensch, ganz klar. Deswegen wohne ich mittlerweile auch in Stuttgart. Ich bin aber gerne auf dem Land und im Schwarzwald in meiner Freizeit. Ich liebe den Schwarzwald, vor allem auch im Herbst mit den vielen Farben. Dass Lunor seine Wurzeln auch im Schwarzwald hat, ist unheimlich passend: der Schwarzwald steht für Handarbeit und Tradition, genauso wie wir.

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